Was ist Gestalttherapie (für mich)?
Vorab eine kleine Warnung: es gibt – meiner Meinung nach – so viele Gestalttherapieformen wie es Gestalttherapeuten gibt. Und das ist für mich auch gut so, da ich meine, dass der authentische Kontakt zwischen Therapeut und Klient nicht stattfinden kann, wenn der Therapeut stetig bestrebt ist, alles „richtig“ zu machen und sowohl sich als auch den Prozess starren Regeln und Dogmen zu unterwerfen. Alles, was ich im Folgenden schreibe, ist daher subjektiv und stimmt vor allem für mich – sieht aber keine Notwendigkeit, sich als allgemeingültig zu behaupten.
Gestalttherapie ist in erster Linie eine integrative Form der Psychotherapie. Es geht darum, unterschiedliche, oft widersprüchliche Anteile unserer Selbst wahrzunehmen, anzunehmen und in einem größeren Geflecht zueinander in Kontakt zu bringen. Lösungen entstehen genau aus diesem Kontakt heraus und werden aus der Energie gespeist, die frei wird, wenn wir aufhören, uns selber zu bekämpfen und lernen, all unsere verschiedenen Aspekte wertzuschätzen, egal ob sie sich manchmal widersprechen oder nicht. Der „Widerstand“ – selbst gegen die Therapie an sich – ist auch einer dieser wertvollen Anteile und nicht etwa ein zu bezwingendes Übel.
Gestalttherapie passiert im Hier und Jetzt, in meiner und deiner Gegenwart, ohne Vergangenheit oder Zukunft groß aufzurollen, wenn nicht ein innerer Anteil direkt das Bedürfnis äußert, dies zu tun. Selbst dann ist diese Gegenwart der einzige Augenblick, in dem Wachstum, Erkenntnis und Heilung stattfinden können.
Gestalttherapie geht auf Gefühle und Bedürfnisse zu und zieht das sich (hinein) Fühlen dem (darüber) Reden vor. Kommunikation und Erleben finden mit allen Sinnen statt und Sprache wird zu einem Fluss, auf dem die Gefühle weiterkommen anstelle eines Rauschens, das sie überdeckt.
Ich als Gestalttherapeut will dich nicht „heilen“, indem ich dich aus der Überfülle meiner Weisheit mit Ratschlägen, Tipps und Maßregelungen überschütte. Ich bin ein einfacher Mensch, habe meine Stärken und Schwächen und zeige mich und meine Gefühle – soweit das unterstützend für dich und deinen Weg ist. Ich begegne dir auf Augenhöhe, versuche mich auf dich einzulassen, und kann mit dir lachen und weinen und manchmal genauso furchtbar konfus wie du sein – wie sollte ich nicht, wenn ich dich begleite und du in den Nebel hineingehst? Allerdings habe ich schon so oft gelacht, geweint und mich verirrt, dass ich davon nicht kopflos, sondern nur herzlich werde.
Es gibt noch viele andere Aspekte der Gestalttherapie, die beschriebenen sind mir aber die vordergründigsten. Bei Bedarf erzähle ich dir mehr oder halte auch gerne einen Vortrag darüber in deiner Organisation/Gemeinschaft. Für mich ist Gestalttherapie längst keine Methode mehr, sondern eine Perspektive, aus der ich auf die Welt und mich selber schaue – und mein ganz persönlicher Weg.